Aldi Tankstelle Sprengstoff für Tankstellen?

Die österreichische Mineralölgesellschaft OMV bringt ihre Discount-Tankstellen nach Deutschland und platziert sie neben Märkten von Aldi Süd. Die Branche horcht auf.

Mittwoch, 08. November 2017 - Tankstelle
Ulrike Pütthoff
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Bildquelle: Regal

Es war nur eine Frage der Zeit, dass Aldi in das Tankstellengeschäft einsteigt. Insofern überraschte die Nachricht die Redaktion Convenience Shop nicht. Sie war nur erstaunt, dass der Schritt erst jetzt vollzogen wird. Bereits vor acht Jahren hatte sie in diese Richtung spekuliert, und zwar zu jenem Zeitpunkt, als die österreichische Aldi-Tochter Hofer eine Liaison mit der FE-Trading einging. Diese schickt der Mutterkonzern OMV in Deutschland jetzt auch ins Rennen. Sie wird in einem ersten Schritt in den Regionen München, Nürnberg und Stuttgart an zehn Standorten der insgesamt etwa 1.870 Aldi Süd-Märkte Grundstücksteile pachten und Automaten-Tankstellen errichten.

In Österreich gibt es mittlerweile rund 80 so genannte Diskont-Tankstellen bei Hofer. In Deutschland fürchten einige, dass mit der Kooperation ein gigantischer Preiskampf angezettelt wird. Das Szenario ist, dass Aldi sich ein großes Stück vom Kraftstoff-Kuchen abschneiden wird und die Frequenzen an klassischen Tankstellen zurückgehen. Einkaufen und Tanken an einem Ort könnte Aldi in die Hände spielen, denn Autofahrer sind bei Kraftstoff preissensibel und behalten die Discount-Tankstellen, die unter Avanti firmieren, im Auge. An einer österreichischen Avanti, nahe der deutschen Grenze, kostete zum Beispiel ein Liter Diesel Anfang Oktober rund 1,14 Euro, nur 5 km entfernt bezahlte er dafür 1,18 Euro. Bei Super-Bezin war die Preisdifferenz noch größer.

Auf ihrer Internet-Seite stellt Avanti sich als Tankstelle ohne Schnickschnack vor. Will heißen, der Autofahrer hat beim Kraftstoff keine Alternativen. Es gibt nur Automaten-Zapfsäulen mit dem erwähnten Super 95 und Diesel. Aldi Süd kündigte außerdem in einem Zuge an, Schnellladestationen zur Verfügung zu stellen und damit die Infrastruktur für Elektrofahrzeuge auszubauen. Das ist nicht neu: Bereits seit 2015 hat Aldi Süd rund 50 davon auf Kundenparkplätzen in Ballungsgebieten für Elektrofahrräder und Elektroautos errichtet.

Stärke Sortiments-Strategie

Einen Shop haben die Avanti-Stationen nicht. Für ein Päckchen Zigaretten, die Zeitung, die frischen Brötchen oder den fertigen Snack sowie den Kaffee-to-go wird der Kunde an den besagten Standorten künftig die Dauer eines Discounter-Besuches einplanen müssen. Trotzdem kommt damit das One-Stop-Shopping ins Spiel. Ob das angenommen wird, bleibt abzuwarten. Die Stärken der klassischen Tankstellen sind die Stores, mit ihrem maßgeschneiderten Angebot für den schnellen Einkauf, ihrem Foodservice-Bereich und den To-go-Artikeln. Auch wenn ihnen nach wie vor das Teuer-Image anhaftet, der eilige Kunde findet bei ihnen auf Anhieb das, was er sucht.

Tankstellen-Shops hatten zwar nach der Liberalisierung der Öffnungszeiten mit Aldi und anderen Lebensmittel-Anbietern zu kämpfen, weil bis dato die C-Stores hinsichtlich des Abendsverkaufs eine Alleinstellung hatten. Sie haben sich aber mit ihren Konzepten behauptet und ihren Platz in der Handelslandschaft sichern können.

Auf diese Lorbeeren können sich Stationen aber nicht ausruhen. Das Blatt kann sich schnell wenden. Darauf wies Convenience Shop schon 2009 hin: „Wenn erst einmal das Tankgeschäft etabliert ist, kann der Discounter auch schnell der nächste Schritt gehen.“ Fakt ist: Das Mülheimer Unternehmen löst sich aus seiner Discount-Isolation und sucht den Schulterschluss zu anderen Händlern und Dienstleistern.