Tabakwaren Gut verpackt

Verpackungen identifizieren Marke und Produkt. Seit die jüngste Tabakprodukt-richtlinie gilt, bleibt den Herstellern zwar wenig Spielraum, aber ganz ideenlos sind die Verpackungsdesigner auch nicht.

Mittwoch, 05. April 2017 - Tabak
Ulrike Pütthoff
Artikelbild Gut verpackt
Bildquelle: Getty Images, DTV

Die Generation 60 plus erinnert sich noch: In Deutschland waren früher Zigarettenverpackungen mit zehn Stück die Regel und gelegentlich wurden die Zigaretten sogar einzeln verkauft. Weil aber kleine Einheiten Jugendliche zum Rauchen verleiten könnten, da sie günstiger und der Preis keine Hemmschwelle ist, sind sie seit 2004 verboten. Der Gesetzgeber schrieb bis vor sieben Jahren eine Mindestgröße von 17 Stück vor, setzte diese aber 2016 auf 20 fest.

Gleichzeitig liefen die Vorbereitung für die Umsetzung der Tabakproduktrichtlinie 2 bereits auf Hochtouren. Die wesentlichste Vorgabe waren die Schockbilder auf den Zigarettenverpackungen, ergänzend zu den Warnhinweisen. Zusammen müssen diese zwei Drittel der gesamten Packungsfläche einnehmen. Den Herstellern bleibt so gut wie kein Platz mehr, ihre Marken, Logos etc. abzubilden, geschweige denn, eine individuelle, eigene Verpackung zu kreieren.

Schlussendlich ist sie das einzige, was zur Marken- und Produktidentifizierung sowie für Markenbotschaften noch bleibt. Die Werbemöglichkeiten wurden gesetzlich nach und nach eingeschränkt, und jetzt liegt auch noch ein vom Kabinett verabschiedeter Gesetzentwurf vor, wonach Außenwerbung verboten werden soll. Derzeit gibt es aber noch Widerstand aus der Unionsfraktion und Teilen der SPD.

Verpackungen sind also bei Tabakwaren ein wichtiger Informationsträger. Während aber etwa bei Lebensmitteln der Ruf nach mehr Kennzeichnungen bzw. Angaben von Inhaltsstoffen immer wieder aufkeimt, hat der Gesetzgeber bei Tabakwaren anders entschieden: Angaben zu Nikotin und Kondensat dürften auf den Schachteln nicht mehr abgedruckt werden.

Fehlgriffe vermeiden

Seit die Schachteln weitestgehend einheitliche Schockbilder tragen müssen, sind Verwechslungen der Artikel, Größen und Preiskategorien programmiert. Gerade bei den Zigaretten sind die Verpackungen keine wirkliche Orientierungshilfe mehr. Darum haben Hersteller mit Produktkarten, auch Faceplates genannt, reagiert und den Handel mit kleinen Vorsteckschildern für die Regale versorgt. Einige Ordnungsämter und auch das Forum Rauchfrei sahen darin einen Verstoß gegen die TPD 2. Es sei nicht erlaubt, die Warnhinweise beim Inverkehrbringen der Zigaretten und Co. zu verdecken, so deren Begründung.

Der deutsche Zigarettenverband (DZV) und der Bundesverband des Tabakwaren-Einzelhandels (BTWE) stellten jedoch klar: Die Schilder sind rechtskonform. Wie der Name sagt, regelt die Tabakproduktrichtlinien die Kennzeichnungs- und Verpackungsvorschriften für die Ware, nicht aber ihre Präsentation oder die Art und Weise wie sie in Umlauf gebracht wird.

Auch die Fachgroßhandelgruppe DTV Tabak hat Rechtsexperten zu Rate gezogen und deren Gutachten an Ministerien, Kontrollbehörden etc. verschickt. Herausgestellt hatte sich lediglich, dass die Bild-Warn-Hinweise in dem Augenblick, wo sie dem Kunden übergeben werden, nicht zudeckt sein dürfen, etwa mit der Hand. Sollten die Einzelhändler dennoch Probleme bekommen, rät DTV, sich an die einschlägigen Tabakwaren-Verbände, Großhändler usw. zu wenden. Die Vorsteckschilder stellen keine Ordnungswidrigkeit dar.


Tabakwaren brauchen Markenidentität

Trotz Schockbildern und Texthinweisen ist die Verpackung ein strategisches Instrument zur Markenerzeugung und POS-Wirkung (siehe auch Kasten). Obwohl die Entfaltungsfreiheit der Designer eingeschränkt ist, gibt es interessante Ansätze, vor allem beim Feinschnitt und ihren oftmals voluminösen Verpackungen. Auffallen viele Hersteller haben Veränderungen vorgenommen, die sowohl gesetzlichen Vorgaben als auch Marken- und Produktidentifikation gerecht werden.

Die Joh. Wilh. von Eicken GmbH hatte es sich zum Beispiel beim Relaunch seines Drehtabaks zur Aufgabe gemacht, die Kategorie wieder mehr in den Vordergrund zu rücken. Damit wollen die Lübecker einer Überforderung oder Orientierungslosigkeit am Regal entgegenwirken. Unter der Marke Denim schafft von Eicken Klarheit. Bilder und Hinweise sind optisch von Marke, Sorte und Preis, die in einem farblichen knalligen Block stehen, getrennt – sowohl bei den Pouchen (38 g) als auch den Dosen(120 g). Die neuen Packungen ersetzen die bisherigen Dockers-Produkte.

Kennzeichnend für diesen Rolling-Tobacco sei der spezielle Schnitt, aus dem sich besonders lange Tabakfasern ergeben. Sie ließen sich optimal verarbeiten. Denim sei im Value-for-Money-Bereich angesiedelt, verspricht aber auch dem Handel eine hohe Marge, heißt es aus Lübeck. Beim Rolling-Tobacco entstehen durch einen speziellen Schnitt besonders lange Tabakfasern, die sich optimal verarbeiten lassen. In drei Sorten ist er verfügbar: Classic Rolling Tobacco, Half Zware und Zware Shag.

Limited Editions schreiben ihre Erfolgsgeschichte. Die hat Philip Morris nun auch für die Marlboro Red und Gold entdeckt und gestaltet das bekannte rote Markendach aus acht Icons, ohne dass der Wiederkennungswert verloren geht. Schließlich schaffen starke Marken Vertrauen. Darum wurden auch die Farben Rot und Gold für das ikonische Symbol beibehalten. Selbst wenn das Logo verändert oder durch abweichende Formen ersetzt wird, sind Farbe und Formgebung allein stark genug, dass die Marke erkennbar bleibt, erklärt Philip Morris.

Gleichzeitig bindet das Unternehmen die Limited Edition der Marlboro in seine Werbekampagne You Decide ein, die wiederum den Konsument animiert, Entscheidungen zu treffen. Das wird nun auch auf allen Originalpackung der Marlboro Red und der Marlboro Gold kommuniziert, jedoch auf völlig neue Art: Jedes der kleinen Symbolbilder ist mit einer Frage verknüpft, die in der Kampagne aufgegriffen wird. Hinter dem Symbol Pfeil steht zum Beispiel die Frage „Willst du deinen eigenen Weg gehen?“ (Will you go your own way?), hinter dem Flugzeug „Wo willst du hingehen? (Where du you want to go?) und hinter dem Megafone „Sagst du, was du denkst“ (Do you say what your think?).

„Mit der Marlboro Icon Edition 2017 geht die Marke einmal mehr den Schritt in neues Terrain. „Jedes einzelne Icon kann eine Geschichte erzählen, die je nach Konsumenten immer anders lauten wird“, so Brand Managerin Lisa Hipp. Den Verbrauchern werden also acht verschiedene Fragen gestellt, die es zu beantworten gilt.

British American Tobacco ging es beim Relaunch seiner Pall Mall darum, den Markenkern mehr in den Fokus zu stellen. Mit neuem Logo, Design und einer neuen Kommunikation untermauert der Hersteller die Attribute wie sozial, positiv und bodenständig. Verändert wurden kleine Details – kaum wahrzunehmen – etwa am Logo. Dazu greift die nationale Kampagne Alltagsmomente auf, die aus einer anderen Perspektive betrachtet werden sollen. BAT will unter dem Slogan: Enjoy the Moment auf eine positiven Sichtweise einstimmen. Selbst die Packungen vermitteln mit emotionalen sowie witzigen Messages eine andere Sicht der Dinge: 20 Zigaretten – 20 Gespräche.

Seit Januar fließen die verschiedenen Varianten sukzessiv in den Markt. Unverändert bleibt der EAN-Code. BAT hofft, mit dem neuen Auftritt an die positive Entwicklung des Vorjahres anknüpfen zu können. Wachstumstreiber waren vor allem die Großpackungen. So gibt es die Pall Mall Red und Blue in den Packungsgrößen von 20 bis 40 Stück Inhalt.

Reemtsma hat für seine JPS Blue nicht nur das Verpackungsdesign geändert, sondern auch die Produkteigenschaften. In der Folge wurde sie in JPS Blue Stream umbenannt. Innovativ ist ihr Filter, der für einen runden Geschmack des Blends sorgen soll, sowie das Papier. Es entwickelt weniger Rauch und damit auch weniger Rauchgeruch. Der Filter ist zweigeteilt und verfügt über so genannte Rauchstromkanäle im oberen Mundstück. Außerdem haben die Hamburger bei der Gauloises Mélange Blondes & Bronze an optimierten Packungs-Eigenschaften gearbeitet und ihr einen neuen Namen gegeben: Aus der Mélange wird die Gauloises Source. Mithilfe der Zip-Lock-Technologie lassen sich die 30 g-Pouches besser schließen und der Tabak bleibt länger frisch und aromatisch. Sehr praktisch: Für das Zubehör wie Blättchen und Filter gibt es ein eigenes Fach in der Packung.

„Eckig statt rund“ heißt es bei Pöschl Tabak . Der Feinschnitt Red Bull (Special Blend und Gold Blend zu je 120 g) und Black Hawk Volumentabak (30 g/95 g) wurde auf ein eckiges Format umgestellt. Händler merken es nur an der Verpackung, denn die EAN-Nummern für Einzelpackungen, Gebinde und Umkartons bleiben bestehen. Geschmack und Qualität sowie die Preise sollen konstant bleiben.

Im laufenden Jahr wird der Tabakspezialist auch alle anderen Feinschnittdosen auf die Rechteckdose umstellen. Die neue Ware kommt nach Abverkauf der aktuellen Bestände in den Handel. Von der Umstellung auf die neuen Rechteckdosen profitieren sowohl Händler als auch Endverbraucher, da die Dosen besser handhab- und stapelbar sind.

Die Anordnung im Verkaufsregal optimiere die Kommunikation, so der Tabakspezialist. Bild- und Textwarnhinweise sowie Informationsbotschaft gehören auch auf Rechteckdosen. Sie können auf den Seitenflächen untergebracht werden, so dass der Deckel letztendlich (und im Gegensatz zu den Runddosen) frei bleiben kann und dadurch für Produktlogo/Markenkommunikation zur Verfügung steht. Vorteil: Die Rechteckdosen können auch liegend und damit mit der „schönen Seite“ präsentiert werden.

Obwohl das FSC-Siegel seit Einführung der TPD2 nicht mehr aufgedruckt werden darf, werden auch die neuen Dosen (ebenso wie alle bisherigen) ausnahmslos mit umweltschonenden Materialien hergestellt. Sie können im Papiercontainer entsorgt werden.

Auch bei Arnold André greift bei der Independence zu einer Formatänderung. Die klassische Independence, die bekannte Tubenzigarre, bekommt mit der Independence XS eine kompaktere Variante an die Seite gestellt – für kürzere Rauchgelegenheiten. Der Auftritt ist der gleiche geblieben: eine Hingucker-Tube zum Zugreifen, eine angeschnittene Shortfiller Cigar im Inneren zum sofortigen Rauchen und eine ausgewogene Tabakmischung. Dazu entwickelten die Zigarrenexperten ein ebenso kompaktes Thekendisplay mit je 20 Independence XS-Zigarren. Es steht Tankstellen und Fachhändlern für die Platzierung im Impulskaufbereich zur Verfügung.


Marktveränderungen und Konsequenzen

Auch wenn sich der deutsche Tabakmarkt 2016 aufgrund der starken Zuwanderung leicht stabilisierte, so berichtete British American Tobacco (BAT), betrachtet man in der Hamburger Zentrale die Lage illusionslos. Der Zigarettenabsatz ist tendenziell rückläufig und die Entwicklung der elektronischen Zigaretten noch ungewiss. „Wir sehen die Zeit als Herausforderung und Chance“, betonte Andreas Thoma, Head of Trade, der die aktuelle Lage wegen ihrer Besonderheit als „Kodak-Momen“ kennzeichnete. Dass Veränderungen in diesem Markt anstehen, ist für ihn eine Tatsache, ebenso wie eine Herausforderung: Ein kontroverses Produkt müsse anders positioniert werden. Eine Strategie dabei ist der Einstieg in den Markt der Next Generation Products (NGP), im ersten Step der elektronischen Zigaretten.

Nach dem Auftakt mit Vype im Jahr 2016 ist das Unternehmen zum Jahresanfang 2017 mit der Innovation Vype Pebble durchgestartet. Mit ungewöhnlichen Design in auffälligen Farben und im besonderen ergonomischen Handschmeichler Format will BAT aus dem bisherigen Angebot im Markt herausstechen. Schließlich gebe es in diesem Markt viele Anbieter, aber kaum echte Marken, erklärt Thorsten Treder, Head of The next Generation Products.

Dabei setzt das Unternehmen auf ein so genanntes geschlossenes System, bei dem die Liquids von BAT selbst produziert werden. Der Konsument tauscht die Kapseln, aber mischt die nikotinhaltige Flüssigkeit nicht selbst. Auch ein Grund: Dieses Modell bringt die Kunden in die Shops, denn die Liquids für die offenen Systeme werden eher online geordert.

Doch trotz dieser Next Generation Products-Strategie ist British American Tobacco in seinem Kerngeschäft keineswegs passiv, schließlich gebe es immer noch eine relativ stabile Konsumentenbasis und bei BAT übertreffe der Erfolg der strategischen Marken den Verlust der Randmarken. Dass man mit Innovationen erfolgreich sein kann, macht sich bei BAT an Beispielen wie der Lucky Strike mit Flow Filter fest, aus der sich laut Unternehmen ein eigenes modernes Segment entwickelt.

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