Tabakwaren Fiskus greift zum Tabak

Jüngste und angekündigte Restriktionen stellen die Tabak-warenbranche vor neue Herausforderungen. Ein Blick zurück auf das Jahr 2015 und nach vorn auf das drohende Werbeverbot.

Montag, 23. Mai 2016 - Tabak
Ulrike Pütthoff
Artikelbild Fiskus greift zum Tabak
Bildquelle: Shutterstock

Den Fiskus wird es freuen: 14, 9 Mrd. Euro flossen ihm aus an Tabaksteuern zu, also 640 Mio. Euro bzw. 4,5 Prozent mehr als noch 2014. Zigaretten steuerten dazu 12,9 Mrd. Euro bei – mehr als 86 Prozent. Alles spricht zwar dafür, dass im Berichtszeitraum mehr geraucht wurde, aber grundsätzlich lässt sich das aus den Steuereinnahmen nicht ableiten. Denn diese werden berechnet auf Basis des Banderolenbezugs. So wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zwar für 81,3 Mrd. Zigaretten (1,7 Mrd. mehr als 2014) Steuerzeichen bestellt, was aber nicht heißt, dass diese auch verkauft wurden. Denn die Steuerzeichen könnten auch vorzeitig von den produzierenden Unternehmen bezogen worden sein. Fakt ist aber: Es wurden mehr Zigaretten produziert, u.a. weil die Packungen seit diesem Jahr mindestens 20 Stück enthalten müssen.

Über die Jahre gesehen ist der Konsum an Zigaretten deutlich rückläufig: von 2002 bis einschließlich 2015 immerhin um 63,8 Mrd. Stück oder 44 Prozent. Ursache waren die vielen Tabaksteuererhöhungen, die eine Konsumverschiebung zur Folge hatte. So wurde zum Beispiel auf günstigere Tabakprodukte ausgewichen (Der Volumentabak hat in der Vergangenheit kräftig zugelegt), nicht in Deutschland versteuerte Ware wurde verstärkt eingekauft (etwa Grenzkäufe) und der Schmuggel trieb weiterhin Blüten.

Seit vergangenem Jahr werden außerdem die Eco-Zigarillos erstmals als Zigarette mit einem höheren Satz versteuert. Die Folge war, dass der Zigarren- und Zigarilloabsatz um fast ein Viertel (23,4 Prozent) auf knapp 4 Mrd. Stück zurückging. Während der Absatz von versteuertem Pfeifentabak um 27,5 Prozent zulegte. Dazu addierte sich auch das Wachstum von Tabaken für die im Trend liegenden Wasserpfeifen.

Ungewisse Zukunft

Wie sich der Tabakwarenmarkt zukünftig entwickelt, bleibt unterdessen Kaffeesatzleserei. Einerseits, weil die Tabakproduktrichtlinie ab Mai greift, andererseits, weil mit weiteren Beschränkungen zu rechnen ist. So hatte das Bundeskabinett im April einen Gesetzentwurf zum Tabakwerbeverbot beschlossen, der auch E-Zigaretten einschließt: Ab Juli 2020 soll Außenwerbung, wie es jetzt noch auf Plakatwänden und Litfaßsäulen der Fall ist, dann nicht mehr erlaubt sein. Das komme einem Totalwerbeverbot für Tabakerzeugnisse gleich, meint der Deutsche Tabakverband. Faktisch können die Hersteller künftig nur noch mit ihren Kunden kommunizieren, wenn sie bereits im Laden stehen. Zudem sollen in Kinos die Produkte aus der Werbung von Filmvorstellungen verbannt werden, die für Zuschauer unter 18 Jahren freigegeben sind.

Dagegen protestieren nicht nur der Markenverband oder der Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft. Verfassungsrechtler Prof. Dr. Christof Degenhart von der Universität Leipzig hält diese Gesetzespläne sogar für verfassungswidrig. Dies gelte insbesondere für die Außenwerbung, die Kinowerbung, die Werbung an und in der Verkaufsstelle und für die kostenlose Abgabe von Tabakerzeugnissen zu Werbezwecken, das so genannte Sampling. Der Jurist betont in einem Gutachten, dass die Wirtschaftswerbung den Schutz der Meinungsfreiheit nach dem Grundgesetz genießt. Degenhart beruft sich unter anderem darauf, dass es der Gesetzentwurf wegen nicht erwiesener Wirkungszusammenhänge zwischen der Außenwerbung und der Raucherprävalenz von Kindern und Jugendlichen ungeeignet sei. Unverhältnismäßig sei auch ein generelles Verbot der Kinowerbung, weil die bestehenden zeitlichen Beschränkungen genügen. Für ein Verbot des Samplings ist keine verfassungsrechtliche Rechtfe rtigung ersichtlich.


Power-, Giga-, Mega- und Jumbo-Packs

Der Beschluss des Bundeskabinetts hat jedenfalls Diskussionspotenzial. Vorrangig müssen nun aber andere Vorgaben umgesetzt werden, zum Beispiel die Packungsgröße. Auf Grund der Marktentwicklung ist die Mindestmenge von 20 Stück Zigaretten eigentlich überflüssig, denn beim Gros der Zigaretten-Marken dürfte das Big-Pack längst die heimliche Standardpackung sein. Die Hersteller jedenfalls satteln auf und vergrößern die Einheiten sowohl bei den Zigaretten wie auch beim Feinschnitt.

So stellte das Haus Heintz van Landewyck eine 39er-Verpackung seines Bestsellers Elixyr Red vor. Die Mehrfarbigkeit dieser American Blends-Zigaretten spielt auch bei dem Power-Pack eine dominierende Rolle und hebt sich noch wie die Maya mit ihrer zusatzstofffreien Tabakmischung im bunten Look hervor. Distribuiert wird die neue Mega-Schachtel übrigens über den Landewyck-Außendienst. Getoppt wurde die Schachtelgröße von Reemtsma. Die Hamburger packten bei der John Player Special (JPS) Red noch eine Zigarette mehr dazu.

Seit April hat auch British American Tobacco (BAT) neue Großpackungen für die Lucky Strike Straight und die Luckies Flow Filter im Portfolio, denn viele Konsumenten mögen die Formate mit viel Volumen. Die Schachteln dieser Zigaretten ohne Zusätze erreichen neue Dimensionen: die Red gibt es in der XXXL-Version mit 29 Stück, die Blue sowie Luckies Flow Filter im XXL-Pack mit 25. Genau um diese Version ergänzt BAT auch die Luckies Flow-Filter. Damit nicht genug: Auch im Markt der Make-Your-Owns platzieren die Hamburger Giga-Beutel für die Pall Mall

Reemtsma stellt unterdessen die 62 g- und 82-Gramm Dosen des JPS XL Volume Tobacco auf Ceka Cans, die eckigen Büchsen, mit wieder verschließbaren Klickverschluss um und geht damit den nächsten Schritt, den JPS-Markenauftritt weiter zu vereinheitlichen. Und ab Mitte Mai ersetzt der neue Drehtabak JPS Just Tobacco ohne Aromastoffe den JPS Halfzware Pouch (30 g).

Auch im Feinschnittbereich optimiert das Unternehmen weiter. Und senkt bei den 30 g-Pouches der Gauloises Blondes Rot und der Gauloises Frei von Aromastoffen jeweils die Kleinverkaufspreise. Die Filter-Cigarillos der Marken Route 66 und Fairwind werden außerdem in die Marke West Red überführt.

Unterdessen hat das Hause von Eicken den Burton Stopftabake Marktveränderungen als auch wechselnde Konsumentennachfragen und Trends angepasst. Die Mischung des klassischen Burton American Blend Stopftabaks wurde um qualitativ hochwertigere Rohtabake aufgewertet. Sie durchlaufen zahlreiche Qualitätskontrollen bevor die Lübecker Blendingexperten sie zu einer charakteristischen und harmonischen Mischung vereinen.

Aktuelle Maßnahmen

Das alles entbindet die Tabakwaren-Produzenten aber nicht von den Schockbildern, die demnächst die Verpackungen tragen müssen. Damit Kunden und Einzelhandelsmitarbeiter sich nicht wie im Gruselkabinett fühlen, wenn sie von den Pictogrammen in geballter Form umgeben sind, bietet Reemtsma so genannte die Faceplates für alle seine Artikel an. Über POS Tuning sind die Faceplates für jeden bestellbar. Reemtsma stellt diese für alle seine Produkte zur Verfügung, nicht aber für jene anderer Hersteller.

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