Rewe/Lekkerland „Jeder Standort ist anders“

Mit seinem Convenience-Konzept Rewe To-go schickt sich das Handelsunternehmen an, außerhalb von Tankstellen, das Thema weiter zu forcieren. Dazu nahmen die Verantwortlichen erstmals Stellung gegenüber CS.

Dienstag, 22. September 2020 - Kleinfläche
Hans Jürgen Krone, Martin Heiermann
Artikelbild „Jeder Standort ist anders“
Bildquelle: REWE Group

Beim Handelskonzern Rewe in Köln spielt das Thema Convenience inzwischen insgesamt eine wichtige Rolle. Zum Jubiläum von CS hatten wir Gelegenheit, ein ausführliches Interview mit den Verantwortlichen für Rewe To go im Unternehmen, Philipp Pauly, Head of Rewe Convenience Formats der Lekkerland Gruppe, und Dr. Alexander König, Head of Business Development Rewe Convenience Formats der Lekkerland Gruppe, zu führen.

Ihr Unternehmen hat das Rewe To-go-Konzept jüngst einem Relaunch unterzogen und den ersten entsprechend umgestalteten Shop im Bonner Hauptbahnhof eröffnet. Was sind dabei die wichtigsten Weiterentwicklungen?
Alexander König: Den Shop mit 160 Quadratmetern im Bonner Hauptbahnhof haben wir 2019 umgestaltet. Jetzt gerade wurde im Kölner Hauptbahnhof der zweite Store nach dem weiterentwickelten Konzept umgebaut. Auf der Basis unserer bisher gesammelten Erfahrungen haben wir bei der Weiterentwicklung noch stärker die Kundenwünsche und -bedürfnisse in den Fokus gerückt. Konkret: Kunden wollen schnell, unkompliziert und gesund ihren Hunger und Durst unterwegs stillen. Das alles muss in einem angenehmen, übersichtlichen Ambiente passieren und unkompliziert sein. Um das alles noch besser unter einen Hut zu bringen, haben wir uns sowohl die Sortimente als auch die Technologie und Prozesse angeschaut.

Zu welchen Ergebnissen sind Sie dabei gekommen?
König: Im Sortiment sind wir noch modularer geworden, um jeden Standort mit den richtigen Sortimenten bespielen zu können. Ähnlich einem Auto-Konfigurator. An den hochfrequenten Bahnhofs-Standorten legen wir einen Schwerpunkt auf die „Food for now“-Sortimente, also Snacks zum sofortigen Verzehr. Mit der Trendmarke Cobea Urban Coffee, zu 100 Prozent Fairtrade und Bio, hat der Kunde die Wahl, entweder bei unseren Mitarbeitern zu bestellen, oder wenn er es noch schneller mag, ihn selbst zuzubereiten. Neu ist auch, dass wir Self-Check Out Kassen eingeführt haben. Das verkürzt die Wartezeiten der Kunden und wird immer häufiger genutzt. Bereits jeder fünfte Kunde checkt allein aus; viele nutzen bargeldlose Bezahlmöglichkeiten. Insgesamt sind wir mit der Weiterentwicklung des Store-Konzepts sehr zufrieden. Die Ergebnisse des Stores in Bonn übertreffen deutlich unsere Erwartungen im Hinblick auf Umsatz und Kundenzahl.

Welche Standorte werden Sie jenseits von Tankstellen mit dem neuen Rewe To-go-Format erschließen? Was sind nächste Projekte?
König: Das wichtigste Standortkriterium ist die Frequenz. Rewe To go ist ein Format für Flächen bis 300 Quadratmeter in Hochfrequenzlagen. Das können außer Bahnhöfen auch Innenstadtlagen sein. Und – wenn wir dann in einer Zeit nach Corona wieder zu einer Form von Normalität zurückkehren – selbstverständlich auch Flughafen-Standorte. Einen ersten Store hatten wir im November 2019 am Flughafen Nürnberg eröffnet.

Ein vielseitiges Kleinflächen- beziehungsweise Convenience-Konzept gehört europa- und weltweit heute zur Strategie fast aller großer Lebensmittelhändler. Welche strategischen Überlegungen verfolgen Sie damit und welche Rolle spielt das Konzept innerhalb der Rewe Group?
Pauly: Wenn wir Deutschland mit anderen Ländern in Europa, Asien oder Nordamerika vergleichen, wird sehr deutlich: Der Convenience Trend steht in Deutschland noch am Anfang. In anderen Märkten der Welt gibt es sehr viel mehr und auch stärker diversifizierte Angebote. Wir sehen, dass die Kunden bei Rewe To go im Durchschnitt viel jünger sind als in unseren Supermärkten. Vieles deutet also daraufhin, dass sich hier ein Zukunftsmarkt entwickelt. Diese Chance wollen wir nutzen. Deswegen haben wir uns mit dem Rewe To go Konzept schon vor einigen Jahren strategisch aufgestellt, um den wachsenden Trend zum Außer-Haus-Verzehr bedienen zu können. Es freut mich, dass viele Marktteilnehmer ebenfalls neue und innovative Konzepte, Module oder Sortimente testen! Wir sind überzeugt, dass wir mit starken Marken, einem modularen flexiblen Konzept und den kundenorientierten Sortimenten erfolgreich Kundenbedürfnisse erfüllen oder neue wecken.

Woran liegt es aus Ihrer Sicht, dass Sie in Deutschland bisher als einziger großer Lebensmittel-Einzelhändler ein Convenience-Format forcieren? Spielt das Thema für Ihre Wettbewerber vielleicht nicht so
eine große Rolle?
Pauly: Ich glaube, man muss die Entwicklungen differenziert betrachten. Wenn ich mir die Verkaufsflächen und Sortimente bei den LEH Mitbewerbern anschaue, sehe ich bei allen einen starken Fokus auf dem Thema Convenience. Alle überarbeiten ihre Sortimente und passen sie an; alle suchen nach Standorten näher bei den Kunden und selbst die Discounter schaffen eigene Regalplatzierungen für Convenience Produkte oder stellen Kaffeeautomaten auf. Was uns mit Rewe To go unterscheidet ist, dass wir uns gezielt den Herausforderungen von Flächen unter 300 Quadratmetern stellen und dafür Lösungen finden.

Sie haben das Thema Eigenmarken im Convenience-Geschäft stark vorangetrieben. Gerade im impulsgetriebenen Convenience-Geschäft haben die Player bisher vor allem auf die Kraft bekannter Marken gesetzt. Forcieren Sie die Eigenmarken in den C-Stores vor allem, um auch hier ein niedrigeres Preisniveau zu ermöglichen, oder hat das auch strategische Gründe?
Pauly: Im Hinblick auf die Preispositionierung muss man feststellen, dass die Verbraucher in Deutschland aufgrund der hohen Discounterdichte und der ebenso niedrigen Preisen in den Supermärkten deutlich preissensibler sind als in anderen Ländern. Für ein schnelles und bequemes Einkaufen an Frequenzlagen wie in Bahnhöfen sind die Kunden aber durchaus bereit, einen Aufpreis zu zahlen, weil sie den Mehrwert zum Beispiel der 24-Stunden- Öffnung verstehen. Außerdem gehen solche Standorte mit deutlich höheren Kosten einher – von der Miete bis zur Logistik. Aus Befragungen wissen wir, dass Geschwindigkeit und Qualität sowie Frische für den Kunden in Convenience Stores vor dem Preis stehen. Trotzdem darf bei den Kunden nicht das Gefühl entstehen, übervorteilt zu werden.

Was bedeutet das im Blick auf Ihre Eigenmarken?
Pauly: Was das Verhältnis von Marke und Eigenmarke angeht, ist es nun einmal so, dass wir bei Rewe sehr starke Eigenmarken haben, die uns auch die Möglichkeit geben, Produktinnovationen schnell und unkompliziert im Convenience-Kanal zu spielen. Diese Möglichkeit nutzen wir selbstverständlich. Andererseits bleibt es natürlich dabei, dass starke Marken eine weiterhin große Bedeutung auch im Convenience Bereich behalten. Vor allem solche Marken, die aktuelle Verbrauchertrends wahrnehmen und schnell darauf reagieren. Am Ende gibt es beim Sortiment – so oder so – nur eine Priorität und das ist Kundenfokussierung und Kundenrelevanz.

Das Gastro-Angebot ist inzwischen ein wichtiger Teil der C-Shops hier zu Lande. Durch die Corona-Krise gab es einen Dämpfer, aber das ändert wohl nicht die Blickrichtung in Sachen Shop-Gastronomie der meiste Player. Bleibt bei Ihrem Konzept, gemäß dem Namen, alles „To-go“, oder wären nicht auch mehr Bistros mit Aufenthaltsqualität bei Rewe To-go sinnvoll?
König: Jeder Standort ist anders – entsprechend haben wir Standorte wie in Frankfurt mit vielen Büros im Umfeld, wo wir einen großzügigen Sitzbereich anbieten, weil die Kunden ihre Mittagspause dort verbringen. In Standorten wie dem Kölner Hauptbahnhof mit mehreren tausend Kunden am Tag, nutzt man die Fläche besser für zusätzliche Kassen, um einen schnellen Einkauf zu ermöglichen und die Kunden auf jeden Fall ihren Zug erwischen. Aus meiner Sicht sind modulare Lösungen der Schlüssel zum Erfolg.

Die Corona Krise hat das Thema Sofortverzehr in den Shops aktuell natürlich etwas zurückgedrängt. Dafür wurde vielerorts die Retail-Nahversorgerfunktion solcher Shops unterstrichen. Bei Rewe To-go fehlt aus unserer Sicht so einiges zum echten Nahversorger. Wollen Sie deshalb bei den Sortimenten Ihrer Shops in diese Richtung nacharbeiten?
Pauly: Ich möchte hier mal ausdrücklich betonen: Wir möchten kein kleiner Supermarkt sein – wir sind fokussiert auf den Unterwegs-Kunden und den Außer-Haus-Verzehr. Im weiterentwickelten Store im Kölner Hauptbahnhof zum Beispiel ist das, was wir Food for Later-Sortiment nennen, noch einmal deutlich reduziert worden – zu Gunsten der Food for now-Sortimente. Die Produkte, die bei uns gekauft werden, werden überwiegend sofort verzehrt, wenige am gleichen Tag abends, aber aller spätestens beim Frühstück am nächsten Morgen. Dafür findet der Kunde wirklich alles, was er aus unserer Sicht in einem modernen Convenience Shop braucht.

Wird die Lekkerland-Integration die Position der Rewe im Convenience-Markt in Deutschland und in Europa künftig weiter stärken? Wie soll das geschehen?
Pauly: Wir sind absolut überzeugt davon, dass der Zusammenschluss der Rewe Group und der Lekkerland Gruppe unsere Position im wachsenden Convenience-Segment stärken wird. Warum? Weil wir das Beste aus zwei Welten zusammenbringen: die Expertise von Lekkerland in der Unterwegsversorgung und die perfekt auf Kleinflächen ausgerichtete Logistik sowie andererseits die starke Marke und das Category- Management-Knowhow von Rewe. All das ergänzt sich perfekt. Davon werden sowohl unsere Kunden – also Betreiber von Tankstellen-Shops, Convenience Stores und so weiter – als auch die Verbraucher und letztendlich das gesamte Convenience Segment profitieren. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit unseren Geschäftspartnern den Convenience Markt noch attraktiver für unsere Endkunden zu machen!

Wie wird die Zusammenarbeit mit Lekkerland aussehen, etwa bei Formaten wie Rewe To-go oder Frischwerk und was bedeutet das für die organisatorische Verflechtung?
König: Das Rewe To go Team wird Teil von Lekkerland. Lekkerland wird das Convenience Business der Rewe Group steuern, alles unter der Führung von CEO Patrick Steppe. Rewe To Go und Frischwerk sind und bleiben eigenständige Konzepte, die kontinuierlich weiterentwickelt werden.

Welche Erwartungen verknüpfen Sie mit der Weiterentwicklung des Rewe-To-go Konzeptes an den Aral-Tankstellen? Wie will Ihr Unternehmen sicherstellen, dass auch an den Aral-Tankstellen die Erwartungen der Verbraucher erfüllt werden, die mit der Marke Rewe To-go als Ganzes verbunden sind?
Pauly: Wir haben mit Aral einen starken Partner, der gemeinsam mit seinen Tankstellen-Partnern eine hohe operative Umsetzungsqualität sicherstellt und täglich viele tausend Kunden von den Vorteilen des Rewe To-go Konzepts überzeugt. Wir sind sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit. Auch in den Tankstellen ist ein modulares Sortimentskonzept entscheidend, und es wäre sicherlich falsch, an jedem Standort das gleiche Sortiment anzubieten. Ein verlässliches Basis-Sortiment findet der Kunde aber immer.

Wie wird es nach Ihren Erwartungen mit der weiteren Expansion von Convenience-Shops im allgemeinen und von Rewe To-go- Standorten im Besonderen in den kommenden Jahren weitergehen?
Pauly: Wir sind überzeugt, dass der Convenience-Trend in Deutschland noch relativ am Anfang steht. Da gibt es noch Potenzial. Deshalb wollen und werden wir mit ReweTo go gezielt weiter expandieren. Auch für Tests mit Franchisepartnern sind wir offen. Man muss aber anerkennen, dass der deutsche Markt sehr speziell und herausfordernd ist. Erfolgreiche Player aus dem Ausland haben mehrfach versucht hier Fuß zu fassen, haben sich aber sehr schwergetan.

Sie rechnen also nicht damit, dass sich auf diesem Gebiet schnell etwas tun wird?
Pauly: Also, da bleibt abzuwarten, wohin die Reise geht. Wovon ich allerdings überzeugt bin: Wir werden eine kontinuierlich qualitative Weiterentwicklung der vielen heute schon bestehenden Convenience-Shops erleben. Vom Kiosk um die Ecke, über die Tankstelle bis zum Flughafen-Shop sehe ich hier zu Lande schon viele tolle Konzepte. Über eine noch konsequentere Fokussierung auf die Kundenbedürfnisse und -wünsche werden sich die Sortimente, Konzepte, Layouts, Technologielösungen etc. weiterentwickeln. Und dabei möchten wir weiterhin eine treibende Kraft bleiben und unsere Partner auf dem Weg begleiten und unterstützen.