Kassen Ende des Jahres wird abgerechnet

Höchste Zeit für alle, die sich Ärger mit den Finanzbehörden ersparen möchten. Ab Januar 2017 gelten Standards zur „Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften“. Kassensysteme, die diese nicht erfüllen, müssen bis zum 31. Dezember umgerüstet oder ausgetauscht sein.

Sonntag, 30. Oktober 2016 - Kleinfläche
Ulrike Pütthoff
Artikelbild Ende des Jahres wird abgerechnet
Bildquelle: gettyimages, BAT

Vorbei die Zeiten, als die Umsatz-Aufzeichnung eines einzigen Tages reichte. Das Bundesministerium der Finanzen hat dem vor sechs Jahren einen Riegel vorgeschoben, aber noch eine Übergangsfrist für alte Kassen toleriert, und die läuft in zweieinhalb Monaten ab. Ab dann müssen alle Registrierkassen die erfassten Verkäufe im Detail und unveränderbar aufzeichnen, also GoBD-konform sein, wie es im Amtsdeutsch heißt. Im vollen Wortlaut: Sie müssen den „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“ entsprechen. Mit einer Verdichtung oder etwa der Rechnungsendsumme geben sich die Finanzämter nicht zufrieden. Jedes verkaufte Produkte muss künftig zehn Jahre lang elektronisch archiviert werden.

Mit der Regelung soll die Manipulation von Umsatzdaten erschwert werden. Sie trifft in weiten Kreisen auf Akzeptanz, um Steuerhinterziehungen zu bekämpfen. Der Bundesrechnungshof spricht von 10 Mrd. Euro, die dem Fiskus dadurch verloren gehen. Manchem Steuerexperten ist das zu niedrig angesetzt, sie gehen sogar vom Doppelten aus.

Paradox scheint zwar, dass Behörden zur digitalen Einzelaufzeichnung verpflichten, die so genannte offene Ladenkasse aber weiterhin erlaubt ist, denn niemand darf zum Einsatz einer elektronischen Kasse gezwungen werden. Ungefähr 40 Prozent der Händler in Deutschland sollen noch keine haben. Doch ohne die geht es nicht. „Es ist praktisch unmöglich, die Bücher manuell einwandfrei zu führen“, argumentiert Roland F. Ketel vom Deutsche Fachverband für Kassen- und Abrechnungssystemtechnik (DFKA) zu recht.

In der Praxis bedeutet das, dass Shop-Betreiber alle notwendigen Daten bei einer Prüfung durch die Finanzverwaltung bereitstellen müssen, erklärt der DFKA. Dies kann nicht nur im Rahmen regulärer Betriebsprüfungen, sondern auch bei den verstärkt stattfindenden Kassennachschauen, die keinesfalls angekündigt werden, passieren.

Dass das insbesondere Kleinflächen, also C-Stores, dem Presse- und Tabakwarenfachhandel usw. treffen kann, weiß Rüdiger Hoffmann, Geschäftsführer des gleichnamigen Ingenieurbüros, das Kassensysteme entwickelt. „Überraschungsbesuche durch einen Finanzbeamten sind keine Seltenheit. Schließlich handelt es sich nicht um eine Betriebsprüfung.“ In solchen Fällen sei es hilfreich und ratsam, alle geforderten Dokumente schnell zur Hand zu haben. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass das Finanzamt die Einnahmen schätze, leider oft zu Ungunsten des Steuerzahlers, der dann mit entsprechenden Nachzahlungen zu rechnen hat.

Um der Sorgfaltspflicht für eine ordnungsgemäße Buchführung nachzukommen, raten Hoffmann sowie Ketel allen Kassenanwendern, sich mit den Lieferanten ihrer Kassen möglichst kurzfristig in Verbindung zu setzen. Es sollte geklärt werden, ob die bestehenden Systeme den neuen Anforderungen entsprechen. Falls nicht, ist es höchste Zeit zu handeln. Ketel ist nämlich überzeugt, dass noch sehr viele Kassen ohne Speicher existieren. Und angesichts des großen Investitionsstaus seien alle Nach- und Umrüstungen sowie mögliche Erneuerungen nicht mehr fristgerecht zu realisieren.


Kritiker der aktuellen Regelung mögen sie zwar als bürokratische Hürde werten, aber Hoffmann zieht daraus durchaus einen praktischen Nutzen für die Shop-Betreiber: „Wir haben in enger Zusammenarbeit mit Zeitschriften- und Tabakwarengeschäften sowie Händlern eine Scannerkasse entwickelt, die mehr als nur Sicherheit bei der Steuerprüfung bietet.“ Anwender könnten durch verschiedene Funktionen im Tagesgeschäft durchaus Arbeit und Zeit sparen sowie Verluste erkennen und minimieren.

Als Beispiel nennt er das automatische Einpflegen aktueller Tabakpreise durch den Großhändler, das angesichts ständiger Änderungen und Neueinführungen nicht zu unterschätzen sei. Außerdem buchen die steuerkonformen Geräte die Waren mittels eines Scannercodes artikelgenau, so dass eine detaillierte Auswertung der Verkaufsdaten jederzeit möglich ist. Hilfreich sind auch Tools wie die automatischen Bestellvorschläge, die Retouren-Listen-Erstellung oder solche zur Remissionsbearbeitung und zur Datensicherung.

Bei der Produktentwicklung haben Hoffmann und sein Team aber auch den ganz subjektiven Informationsbedarf der Anwender nicht vernachlässig. Wer sich regelmäßig über seine Geschäftsprozesse informieren will, dem stehen diverse Berichte zur Verfügung: Finanz-, Warengruppen-, Artikel-, Stunden-, Kassierer-, Kassentages- und Postleitzahlenbericht.

Auch der Tabak-Konzern BAT British American Tobacco hat sich des Kassenthemas angenommen und stellt seinen Top-Partnern Scannerkassen zur Verfügung. Viele Händler hätten bereits Lieferverträge abgeschlossenen, heißt es von BAT. Sie bekommen nicht nur Hard- und Software kostenlos bereitgestellt, sondern auch zahlreiche Serviceleistungen wie die intensive Begleitung bei der Implementierung vor Ort, umfangreiche Schulungsunterlagen oder auch den kostenfreien Schulungs- und Supportservice.

Zusammen mit dem Hamburger Sofware-Haus OktoPOS und einigen Händlern hat BAT das Kassensystem getestet, weiterentwickelt und marktfähig gemacht, also den speziellen Anforderungen des Tabakfachhandels angepasst. „Unser BAT Top Partner Kassensystem stellt jedoch nicht nur die technischen Voraussetzungen zur Einhaltung der GoBD sicher. Vielmehr ist es auch ein Tool, die Partnerschaft zu intensivieren,“ so Andreas Thoma, Vertriebschef bei British American Tobacco Germany. Das sind beispielsweise eine dauerhafte Verbindung mit der BAT Top-Partner-Plattform, die Abwicklung von aktions- und erfolgsabhängigen Abverkaufskonditionen oder die Möglichkeit, dass BAT dem Händler und damit seinen Kunden produktspezifische Informationen bereitstellen, um nur ein paar ausgewählte Punkte zu nennen.

Weitere Fristen für ältere Kassensysteme

Ein weiteren Gesetzentwurf soll Manipulationsmöglichkeiten an Kassen einschränken: Alle erfassten Verkäufe müssen unveränderbar gespeichert werden, unerkanntes Löschen und Ändern von digitalen Daten nicht mehr möglich sein. Die gesetzliche Regelung soll erstmals ab Januar 2020 anzuwenden sein. Das heißt, die Registrierkassen müssen entsprechend auf- und umgerüstet werden. Nur solche, die bauartbedingt nicht aufrüstbar sind, dürfen drei Jahre länger, also bis Ende 2022, weiter im Einsatz bleiben.