Rindermarkthalle St. Pauli Nordisch einkaufen

Das Flair südeuropäischer Markthallen in den kühlen Norden Deutschlands verpflanzt: Die Rindermarkthalle St. Pauli feierte mit neuem Nahversorgungskonzept Wiedereröffnung. Den Mietern dient sie als Test-Standort für neue Konzepte.

Freitag, 19. Dezember 2014 - Kleinfläche
Bettina Röttig
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Mit Brot und Stulle testet Dat Backhus-Chef Thorsten Knoop ein neues Konzept.

St. Pauli ist bunt, laut, hat Ecken und Kanten – ist eigen. „Von der Stange“ ist kein Attribut, das hierher passt. Bewusst anders sollte daher das neue Konzept für die Nutzung der Rindermarkthalle St. Pauli sein. Der 1951 erbaute, heute denkmalgeschützte Schlachthof war über Jahrzehnte Heimat wechselnder Einzelhändler – mit wenig Erfolg. 2010 scheiterte zuletzt Real. Seit September 2014 vereint der 14.000 qm große Gebäudekomplex ein Einkaufszentrum mit überdachtem Marktplatz und Flächen für soziokulturelle Zwecke. Rund 11 Mio. Euro steckte die Edeka Nord als Hauptmieter in die Wiederbelebung des Standorts. Das Ergebnis: quirliges Marktgeschehen, Individualität, Bodenständigkeit. Das Angebot soll der internationalen Mischung des Viertels gerecht werden.

Gewährleisten die Ankermieter Edeka, Aldi, Budnikowsky und die Bio-Company die nötige Frequenz sowie die Abdeckung der Grundversorgung, sind es die 20 Marktstände sowie zehn kleine Shops um den Marktplatz herum, die das Herz des neuen Konzepts bilden. Hier finden Kunden frisches Obst- und Gemüse, Feinkost, Frischfisch sowie Wurst- und Fleischwaren, Blumen, aber auch gastronomische Vielfalt und Dienstleistungsangebote. In der Mitte der Markthalle ist Platz für weitere, flexible Marktstände.

„Für den Marktplatz wollten wir Einzelkämpfer, keine großen Ketten, und möglichst original Hamburger Unternehmen“, erklärt Projekt-Entwickler Peter Maßmann, Geschäftsführender Gesellschafter der Maßmann & Co. Handelsimmobilien GmbH. So finden Naschkatzen am Stand von Süße Heimat St. Pauli eine Vielzahl an Fruchtgummi-Spezialitäten und süßen Snacks, Pfeffersack & Konsorten bietet Gewürze und Gewürzmischungen für jeden Geschmack, Gaumengold Antipasti und andere mediterrane Spezialitäten. „Rom hat Gelato, San Francisco Frozen Yogurt und Hamburg hat Quark.“ Unter diesem Motto verkauft die Quarkerei individuell zusammengestellte Quarkbecher, Frozen Quark und Shakes. In der Rindermarkthalle eröffnete das junge Unternehmen seinen fünften Standort in der Hansestadt. Auch Hamburgs ältestes Haushaltswaren-Geschäft, Gebrüder Jürgens, befindet sich mit einer Dependance unter den Mietern.

Fotos: Bettina Röttig, Rindermarkthalle


Neue Wege beschritten dort einige etablierte Hamburger Unternehmen. Mit der Aufgießbar St. Pauli wagte etwa das Teehandelskontor Sturm eine Kombination aus Feinkosthandel und Teebar. „Wir interpretieren die Themen Tee und Feinkost neu mit handgemachten Leckereien cooler Manufakturen, außergewöhnlichen Markenprodukten und limitierten Editionen“, lautet das Versprechen. Erhältlich sind Tee, Kaffee und Schokolade bis hin zu Kuchen im Glas, kleinen Mittagsgerichten und witzigen Geschenkartikeln. Der Clou: Fast alles ist aufgießbar.

Auch das Traditionsunternehmen Confiserie Paulsen zog es mit neuem Konzept in die Markthalle. „Die Rindermarkthalle dient als Blaupause für viele Konzepte“, erklärt der Inhaber der Confiserie, Kurt Biebl. Im Vergleich zum etablierten Laden in der Innenstadt sei das Geschäft in der Rindermarkthalle bewusst „weniger posh“ und dafür erdiger gestaltet – dem Gesamtkonzept des Centers entsprechend. Stahlbeton und Holz bestimmen die Optik. Europaletten, Transportkisten und Ingwersirup-Fässer wurden zu Mobiliar umfunktioniert. Neue Erfahrungen sammelt die Confiserie mit der Schokoladenbar, an der zwölf verschiedene Sorten Trinkschokolade geordert werden können. Mit „Brot und Stulle“ testet der Hamburger Backwaren-Spezialist Dat Backhus (125 Filialen) ein neues Modell weg vom Filial-Image. Handwerk und Transparenz will das Unternehmen dem Verbraucher vermitteln. Hingucker und Herz des Ladens ist der große Ofen an der Rückwand. Vier Sorten Rohteig werde n vor Ort zu Brot, Stangen und Brötchen verarbeitet und gebacken – direkt vor den Augen und Nasen der Kunden. Die Produkte dienen auch als Basis für selbst belegte Stullen, die sowohl to go angeboten werden als auch im Gastro-Bereich bei einer gemütlichen Tasse Kaffee – es gibt zwei sortenreine Kaffees im Angebot – verzehrt werden können. Rund ein Drittel des Umsatzes machte Brot und Stulle bereits nach wenigen Wochen mit belegten Broten. Thorsten Knoop, Geschäftsführer Dat Backhus, ist zufrieden mit der Entwicklung und kann sich in Hamburg fünf bis zehn weitere Standorte für das neue Konzept vorstellen.

Fotos: Bettina Röttig, Rindermarkthalle

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Bild öffnen Außen rote Hartbrandziegel, innen Stahl, Holz und Industrie-Estrich sowie eine bunte Mischung aus Geschäften, Marktständen und Shopping-Begeisterten.
Bild öffnen Mit Brot und Stulle testet Dat Backhus-Chef Thorsten Knoop ein neues Konzept.
Bild öffnen Mit Brot und Stulle testet Dat Backhus-Chef Thorsten Knoop ein neues Konzept.
Bild öffnen Die Quarkerei eröffnete ihren fünften Standort in Hamburg.
Bild öffnen Von Obst bis Shushi – ein breites Angebot lockt in die Halle.
Bild öffnen Von Obst bis Shushi – ein breites Angebot lockt in die Halle.
Bild öffnen Der ehemalige Schlachthof ist denkmalgeschützt.
Bild öffnen Zwölf Sorten Trinkschokolade können bei der Confiserie Paulsen verkostet werden.