Studie Wird alles anders?

Die Lebensmittel-Hersteller, nicht nur in der Krise wichtigste Partner des Convenience-Retails, haben es aktuell nicht leicht. Eine aktuelle Studie des BVE beleuchtet jetzt Hintergründe und Trends der unterschiedlichen Entwicklungen.

Donnerstag, 18. März 2021 - Nahversorgung
Hans Jürgen Krone
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Die Ernährungsindustrie pauschal als Gewinner der Corona-Krise zu bezeichnen, ist laut Bundesvereinigung der Ernährungsindustrie (BVE) „sehr oberflächlich“. Im Rahmen eines „Zwischenfazits zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie“ legte der Verband mit Partnern kürzlich die Ergebnisse einer Befragung vor, zusammengefasst in der Studie „Alles anders?“ Dahinter stehen der BVE, die Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss (ANG) sowie die Beratungsgesellschaft Ebner Stolz. Die Studie wurde auf Basis der Befragung von Branchenexperten aus über 180 Unternehmen zu den Auswirkungen von Corona auf die Ernährungs- und Genussmittelindustrie durchgeführt.

Einige Bereiche haben stark gelitten
Die Lockdowns und die notwendige Verlagerung vieler Prozesse in die digitale Welt, so die Erkenntnis, habe zwar den Onlinehandel und das Direktgeschäft mit den Verarbeitern befördert, der Großhandel sowie das Geschäft mit Großverbrauchern und Gastronomie sowie der Export habe aber dabei erheblich gelitten.
Im Rahmen einer Pressekonferenz dazu wurde deutlich, dass es die Corona-Krise auf jeden Fall auch komplizierter für die Hersteller macht, den persönlichen Austausch mit den Kunden im Retail zu pflegen. Das sei immer noch notwendig und eine wichtige Aufgabe des Außendienstes, der jetzt nicht so arbeiten könne, wie üblich. Der ebenfalls bei der Pressekonferenz anwesend Kuchenmeister-Chef Hans-Günter Trockels wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Industrie auch bei der Produktentwicklung mit dem Handel zusammenarbeite. Das sei in den vergangenen Monaten vor dem Hintergrund der Kontaktbeschränkungen natürlich auch deutlich schwieriger geworden.

Es gibt Gewinner und Verlierer in der Branche
Die Branche, so Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer der BVE, sei dadurch auf die Probe gestellt, dass es Gewinner und Verlierer der Corona-Krise gebe. Verlierer seien beispielsweise jene Hersteller, deren Produkte bisher vor allem im Außer Haus-Markt gebraucht würden. Darüber hinaus sei aber die ganze Branche für die Weiterentwicklung ihrer Unternehmen und die Planung auf Verlässlichkeit angewiesen. Demnächst kämen auch Lebensmittel mit längerer Haltbarkeit in Gefahr, nicht mehr konsumiert werden zu können, so beispielsweise Bier, sagt Minhoff. Und wenn jetzt schon über einen Lockdown bis Ostern gesprochen werde, können das weitere negative Auswirkungen haben.

Wachstumstrend gebrochen
Der Wachstumstrend der vergangenen Jahre sei jedenfalls auch in dieser Branche gebrochen, sagte Stefanie Sabet, Hauptgeschäftsführerin des ANG im Rahmen der Pressekonferenz. Laut der Studie erwarten aber fast 80 Prozent der Befragten bis Ende 2022 eine Rückkehr auf das Vorkrisen-Niveau, womit die Nahrungsmittel-Branche immerhin doch deutlich optimistischer zu sein scheint als viele andere.
Bei den Produktbereichen, in denen die befragten Unternehmen tätig sind, zeigt sich laut Studie, dass kein Segment, das vorher zu den Verlierern gehört habe, durch Corona jetzt zu den Gewinnern zähle. Die größten Verlierer sind demnach die Industrie-Branchen Zucker, Spirituosen und Bier. Die größten Gewinner sind laut Studie die Bereiche homogenisierte und diätische Nahrungsmittel, Mühlen und Stärke, Fertiggerichte, Fleisch und Fleischprodukte sowie Obst und Gemüse.

Trends, die die Branche beschäftigen werden
Die wichtigste Trends mit denen sich die Unternehmen in den kommenden Monaten beschäftigen müssen sind laut den Studienergebnissen:

  • Preis- und Margendruck
  • New Work (Homeoffice, Rückgang von Dienstreisen)
  • Nachhaltigkeit
  • Digitalisierung

Dass die aufgezeigten Probleme voraussichtlich nicht kurzfristige Effekte sein werden, zeigte die Studie ebenfalls. Das gilt offenbar auch für die Verbindung zum Handel: Über die Hälfte der Befragten, nämlich 55 Prozent, waren der Meinung, dass die „Kontaktpunkte mit den Kunden“, also auch die mit dem Handel, „von nachhaltigen Veränderungen betroffen“ seien.

Kernaussagen zur Zukunft der Branche
Wie es in der Ernährungsindustrie weitergeht kann, vermitteln zwei Kernaussagen der Studie. Erstens: „Corona wirkt vielfach als Beschleuniger bestehender Entwicklungen; Handlungsleitsätze werden in Frage gestellt und vielmals ist eine Überprüfung der Strategie notwendig“. Zweitens: „Ein ‚weiter wie bisher‘ wird nicht funktionieren; vielmehr gilt es, die Geschäftsmodelle weiter zu entwickeln, Veränderungen zu forcieren und Chancen zu ergreifen, um sich zukünftig erfolgreich im Markt zu positionieren“. Von staatlicher Seite wird Handlungsfähigkeit erwartet: „Die Wirtschafts- und Finanzpolitik steht mit der Bewältigung der Krisenfolgen vor einer Mammutaufgabe und muss rasch die richtigen Weichen stellen, damit Unternehmen am Standort Deutschland gerade angesichts der parallel anstehenden Nachhaltigkeitsanforderungen eine Perspektive haben“, sagte Christoph Minhoff.