Prowein Eine Chance für den Dosenwein

Eigentlich ist Wein in Dosen hier zu Lande kein Thema. Doch die kommende Prowein in Düsseldorf will diese Produkte ins Gespräch bringen. Dort ist der ein oder andere Aussteller zu finden, der auch Pinot im Aluminium-Gebinde anbietet.

Montag, 11. März 2019 - Süßwaren & Salzige Snacks
Martin Heiermann
Artikelbild Eine Chance für den Dosenwein
Bildquelle: Messe Düsseldorf

Bier in Dosen, das geht! Aber Wein? Oder doch lieber erst mal eine Weinschorle? Trotz aller Vorteile die das Aluminiumgebinde für Getränke bietet, wie etwa die Leichtigkeit, die Bruchsicherheit und auch die conveniente Handhabung für die Logistik und ebenfalls für den Konsumenten, die Dose hat sich für das Kulturgut Wein bisher in unseren Breiten nicht durchsetzen können. Dennoch gibt es auch auf der diesjährigen Fachmesse Prowein im März wieder Anbieter, die für ein solches Produkt Chancen sehen. Dazu gehört nach wie vor beispielsweise Coppola. Hinter dem Weinhändler steht der Filmregisseur Francis Ford Coppola. Anbieter ist auch das Weingut Union Wine Company aus dem US-amerikanischen Bundesstaat Oregon. Die Winemaker bieten die Marken Underwood, Kings Ridge oder Alchemist an.

Weinschorle aus Frankfurt
In Deutschland gibt es bisher kaum Produzenten, die sich in dieses Marktsegment gewagt haben. Allenfalls im Produktsegment Weinschorle in der Dose sind einige Anbieter zu finden, die aber kaum aus der klassischen Weinbranche kommen. So etwa das Frankfurter Startup Vinamy. Die Gründer sind die beiden Newcomer Thomas Wenk und Lorenz Fuchs. Die Idee, eine Weinschorle aus der Dose zu verkaufen, sei aus ihrer Freundschaft entstanden, berichten die beiden jungen Frankfurter. Sie starteten ihr Unternehmen vor gut einem Jahr. „Wir sind einfach zwei Freunde, die gerne Wein trinken. Daher kommt auch der Name unseres Startups Vinamy: Vino und ami“, berichtete Wenk in einem Interview.

Junges Dosen-Design
Wenig später stand der Plan, und die Idee wurde in die Tat umgesetzt. Zusammen mit dem rheinhessischen Winzer Carlo Bermes haben die Frankfurter nun Weinschorle in Dosen abgefüllt. 60 Prozent Wein und 40 Prozent Mineralwasser. Im Angebot gibt es Weinschorle mit Riesling und Rosé mit Portugieser-Trauben. Die Dosen selbst sind voll recyclebar. „Das Produkt sollte so natürlich wie möglich gehalten werden, deswegen ist es auch vegan“, so Wenk weiter. Vinamy ist nicht die erste Weinschorle aus der Dose. „Wir wollen das Rad auch nicht neu erfinden. Wir wollten das Ganze jünger machen.“ Jung ist vor allem das Design der Dosen. Ein anderer Anbieter eines solchen alkoholhaltigen Mixgetränks in der Dose ist in Deutschland beispielsweise Dubdub.

Coppola und Paris Hilton
Wein in pinkfarbenen Dosen brachte schon vor rund zehn Jahren Francis Ford Coppolas Weinfirma auf den Markt. Und auch Paris Hilton verkaufte bereits 2006 Prosecco im Metall-Gewand. Allein in vergangenen Jahren schossen die Verkaufszahlen von Weindosen in den USA in die Höhe, und zwar um 125 Prozent. Das fand das Marktforschungsinstitut Nielsen heraus. In einer weiteren Nielsen-Studie aus dem Jahr 2017 stellte sich heraus, dass der US-Dollar-Umsatz von Dosenweinen in den 52 Wochen bis zum Ende Dezember 2017 um 54 Prozent gesteigert wurde, der höchste Anstieg bei Wein in alternativen Verpackungen. Dennoch hat Dosenwein den Ruf, er sei schlecht für die Gesundheit und für die Umwelt. Zum einen wegen der Beschichtung der Aluminium- oder Weißblechdosen, zum anderen wegen einer vermeintlich unterdurchschnittlichen Umweltbilanz. Greenpeace zufolge wird bei der Produktion von Aluminium-Dosen die dreifache Menge Kohlendioxid freigesetzt, die bei Glas-Mehrwegflaschen anfällt und sogar sechs Mal so viel dieses Gases wie bei Kunststoff-Mehrwegflaschen.

Nicht lagern, trinken
Im Gegensatz dazu vertreten die beiden Weinkritiker Paula Redes Sidore und Stuart Pigott die Auffassung, dass Dosen einen geringeren CO2-Verbrauch haben als Glasflaschen. Das Problem des Dosenweins sei nicht seine Verpackung. In der Regel bieten Dosen, so die beiden Branchenkenner, ein bis zwei Jahre eine stabile Umgebung für Wein. Aus technischer Sicht müssten noch Herausforderungen überwunden werden, was die Stabilisierung des Zuckers betrifft und die Sterilisation, die für die Stabilität nötig sei. Es werde an dem Problem gearbeitet.
Letztendlich bedeutet das allerdings: Dosenweine sollen nicht gelagert werden, sondern getrunken. Zudem sollte die Verpackung dem Inhalt entsprechen. Antiquierte Etiketten würden durchfallen, so die beiden Experten. Launische, klare Motive seien genau das Richtige. Das Äußere solle den Charakter des Inhalts betonen und nicht im Widerspruch dazu stehen. Wenn man am Wein rieche, formen sich Erwartungen basierend auf der eigenen Wahrnehmungen. Im Fall von Wein in Dosen übernehme das Auge die Aufgabe der Nase.

Terrassen- und Strandweine
Sowohl in Europa als auch in den USA gebe es einen Markt für Dosenwein. Beispiele dafür seien eben Coppola und die Union Wine Company. Deren Gründer Ryan Harms betont: „Für die Dosen produzieren wir unseren Wein ebenfalls mit großer Kunstfertigkeit, aber ohne großes Aufheben.“ Dass Wein aus Dosen zum Mainstream werden könnte, wird deshalb häufig vom Weinproduzenten Union behautet. Andere Länder und Bundesstaaten werden wohl folgen– so tauchen süffige, günstige Dosenweine aus Chile, Kalifornien und sogar Australien auf. Es geht aber auch um den Geschmack. Hier punkten leichte, dezent süße und ziemlich spritzige Weine, beispielsweise auch Mosel Kabinett oder Moscato d’Asti. Es überrascht nicht, dass bei einer kurzen Übersicht der Marktführer oft folgende Worte fallen: frisch und klar.
Dosenweine sind klassische Terrassenweine und Aperitifs. Oder ein aktueller Jahrgang Feinherb für den Strand, wo Glas einfach unpraktisch ist. Weiß- und Roséweine aus kühlen Klimazonen mit geringem Alkoholgehalt sind typisch. Außerdem müsse die anaerobe Atmosphäre in Dosen erwähnt werden, so Sidore und Pigott. Darin halten sich einige Weine besser als andere. Rotweine profitieren in der Regel von ein wenig Oxidation, nicht zu vergessen von einem gewissen Alter. Das bedeutet: Den gereiften Rioja sollte man sich für ein Abendessen am Esstisch aufheben, für ein Picknick darf es ein frischer Weißwein, Rosé oder ein leichter junger Rotwein aus der Dose sein.

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