Fleisch- und Wurst-Snacks Wurst, Wahn und Wahrheit

Wenn man den öffentlichen Hype um Vegetarier und Veganer betrachtet, dann scheint fleischlose Ernährung in vieler Munde zu sein. Doch die Wirklichkeit ist bei genauem Hinsehen anders: Nach wie vor begeistert sich der allergrößte Teil der Bevölkerung für fleischige Genüsse.

Montag, 07. September 2015 - Süßwaren & Salzige Snacks
Thomas Klaus
Artikelbild Wurst, Wahn und Wahrheit

„Wurst und Wahn“ hat der Schriftsteller und Psychiater Jakob Hein seinen 2013 erschienenen Roman genannt. In ihm malt er ein für Fleischesser düsteres Bild: Nur noch in den übelsten Vierteln der Stadt sind Grillteller oder Fleisch vom Spieß zu haben. Wer noch Fleisch isst, gilt nicht nur als Außenseiter, sondern fast schon als Krimineller oder zumindest therapiebedürftig.

Wer anno 2015 die Flut von Büchern, Artikeln, Aktionen, Kampagnen und Bekenntnissen in Sachen fleischloser Ernährung über die Öffentlichkeit schwappen sieht, könnte sich fragen: Wie weit sind wir von solchen Verhältnissen entfernt?

Diese Frage hat neben einer philosophischen Dimension eine betriebswirtschaftliche. Schließlich entscheidet die Antwort über Sortimente und Vermarktungsstrategien – und das selbstverständlich auch im Convenience-Shop-Bereich.

Lediglich 2 bis 3 Prozent Vegetarier

Glaubt man dem Vegetarierbund Deutschland (VEBU), leben in der Bundesrepublik ungefähr 7,8 Mio. Vegetarier. Das wären 8 bis 9 Prozent der Gesamtbevölkerung. Selbst wenn diese – zweifellos interessengeleitete – Zahl stimmen sollte (man bedenke: Der VEBU ist ein Lobbyverband und keine neutrale Institution), bedeutet sie im Umkehrschluss: Mehr als 90 Prozent der Bundesbürger wollen nicht ohne Würstchen, Schnitzel, Frikadellen und Co. auskommen. Allerdings stellt sich ernsthaft die Frage, ob die Zahl von 7,8 Mio. Vegetariern überhaupt Hand und Fuß hat. Diese Fragezeichen wurden im Sommer 2013 durch eine Untersuchung der Universitäten Göttingen und Hohenheim vergrößert. Denn die Wissenschaftler fanden eine Vegetarier-Quote in der deutschen Bevölkerung von lediglich rund 3,7 Prozent heraus. Ebenfalls 2013 veröffentlichte das fleischkritische Greenpeace-Magazin die Ergebnisse seiner Befragung zum Thema Vegetarismus. Bescheidene 3 Prozent konsequenter Vegetarier wurden festgestellt.

Ein Jahr später ermittelte das Max-Rubner-Institut Karlsruhe, seines Zeichens das Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel, einen Vegetarier-Anteil in der Bevölkerung von übersichtlichen 2 Prozent. 3 Prozent Vegetarier waren es laut Fleischatlas 2014 des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), der Heinrich-Böll-Stiftung und der Zeitung Le Monde Diplomatique. Die Abweichungen zu den VEBU-Zahlen lassen sich auch damit erklären, dass sich Personen gegenüber dem Vegetarierbund selbst als Vegetarier einordnen durften. Demgegenüber wurden bei den wissenschaftlichen Untersuchungen aufwändige Befragungen von geschulten Interviewern vorgenommen.

60 kg als Dauerzustand

Fakt ist: Der Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch in der Bundesrepublik ging in den vergangenen Jahren trotz der Dauerbeschallung zum Thema fleischlose Ernährung kaum zurück. Er pendelt bei knapp 60 kg (2010: 61,3 kg; 2011: 61,6 kg; 2012: 60,8 kg; 2013: 60,3 kg). Carl-Albrecht Bartmer, Präsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), kommentiert: „Die gesellschaftliche Akzeptanz der Fleischproduktion drückt sich auf denkbar demokratische Weise im Kaufverhalten der Verbraucher aus. Sie greifen an der Fleischtheke und im Kühlregal weiterhin kräftig zu.“

Gero Jentz, Pressesprecher des Deutschen Fleischer-Verbandes (DFV), formuliert: „Man könnte die Einstellung der Deutschen zum Thema Vegetarismus etwa mit ihrer Haltung zum Blutspenden vergleichen. Viele geben auf Nachfrage an, dass das im Prinzip eine gute Sache ist. Doch nur ein Bruchteil spendet tatsächlich Blut.“

Einer der bedeutendsten Anbieter von Fleisch-Snacks ist Jack Link´s. Er hat in den USA die Marktführerschaft erobert, avancierte zugleich zu dem am schnellsten wachsende Fleischsnack-Hersteller der Welt. Auch Jack Link´s kann bei Absatz und Umsatz keinen Verbraucher-Rückzug vom Produkt Fleisch feststellen.


Veganer: „Zahlen sehr übertrieben“

Und was ist mit den Veganern, die komplett auf tierische Produkte verzichten und sich nur noch rein pflanzlich ernähren? Der Vegetarierbund Deutschland sprach Anfang 2015 von rund 900.000 Veganern in Deutschland, und das angeblich mit deutlich steigender Tendenz.

Für Professor Dr. Hans Hauner steht fest: „Bei Veganismus handelt es sich um eine Modeerscheinung, die auch stark von wirtschaftlichen Interessen befeuert wird. Die Zahlen erscheinen mir sehr übertrieben und basieren auf keiner seriösen Untersuchung.“ Professor Hauner muss es eigentlich wissen, er wirkt als Ordinarius für Ernährungsmedizin an der Technischen Universität München. Seit 2003 leitet er das Else-Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin, ist außerdem Sprecher des vom Bundesforschungsministerium geförderten Kompetenznetzwerkes Adipositas und Mitglied der Verbraucherkommission der bayerischen Staatsregierung.

Der Wissenschaftler hält vegane Kost für recht einseitig; für bestimmte Personengruppen, wie zum Beispiel Schwangere und Kleinkinder, sei sie nicht ungefährlich. Schließlich seien Nährstoffe wie etwa Vitamin B12 oder Jod in veganer Kost nicht oder zu wenig enthalten. Professor Dr. Hans Hauner kommt zu dem Ergebnis: „Inwieweit streng vegane Kost Gesundheit fördert, ist wenig untersucht. Hier wird einfach das Blaue vom Himmel versprochen.“

Flexitarier sind die Trendsetter

Fazit: Bei nüchterner Betrachtung sind wir von den Verhältnissen, die Jakob Hein in „Wurst und Wahn“ an die Wand malt, weit entfernt. Fleisch bleibt bis auf weiteres in breitesten Kreisen der Bevölkerung höchst populär – und jetzt kommt ein „Aber“. Womöglich ist der Flexitarier der eigentliche Trendsetter. Flexitarier sind gesundheitsbewusste Menschen, die ihren Fleischkonsum unter anderem aus Gründen des Tierwohls bewusst einschränken und nur gelegentlich Fleisch essen; sie sind auf jeden Fall bereit, dafür tiefer in die Tasche zu greifen.

Flexitariern muss auch im Convenience-Shop-Bereich ein passendes Angebot unterbreitet werden. Ein Beispiel dafür sind die proteineichen Snacks mit wenig Fett und Zucker aus dem Hause Jack Link´s. Hintergrund ist, dass es fettige und gehaltvolle Snacks angesichts des wachsenden Gesundheitsbewusstseins immer schwerer haben werden.

In der erwähnten Studie der Universitäten Göttingen und Hohenheim wird die Zahl der Flexitarier mit 12 Prozent angegeben – wesentlich beeindruckender als die gut 2 bis 3 Prozent, die für Vegetarier belegt zu sein scheinen.

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Bild öffnen Krasse Kampagnen der Vegetarier sorgen für Aufsehen – und Diskussionen...
Bild öffnen ...die letztlich dazu beitragen können, dass Tiere artgerecht gehalten werden. Viele Verbraucher (z.B. Flexitarier) sind inzwischen bereit, für gutes Fleisch auch mehr Geld auszugeben.