Bier Die Krise meistern

Die Brauereien in Deutschland kämpfen in Corona-Zeiten mit Absatzverlusten. Zwar sind die Zahlen im Handel gar nicht schlecht, doch der Umsatz in der Gastronomie fehlt. In den Convenience-Stores lief es in dieser Zeit mal besser und mal schlechter.

Donnerstag, 30. Juli 2020 - Getränke
Martin Heiermann
Artikelbild Die Krise meistern

Die Zahlen hören sich dramatisch an. Glaubt man der Steuerstatistik für den Monat Mai, dann sind Absatz um Umsatz beim Bier überdeutlich eingebrochen. Die Steuereinnahmen lagen demnach bei knapp 21 Millionen Euro und damit rund 62 Prozent unter der Summe vom Mai 2019. Dieser Rückgang bezieht sich natürlich auf alle Vertriebskanäle. Die Schließung jeglicher Gastronomie durch den Corona-Lockdown kommt dabei voll zum Tragen. Erst Ende Mai wurden die Beschränkungen gelockert. Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, skizziert die Lage: „Die Pandemie hat zum Teil dramatische Auswirkungen für viele der 1.500 überwiegend handwerklich und mittelständisch geprägten und von Inhabern und Familien geführten Brauereien in Deutschland. Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Maßnahmen auf die Betriebe der deutschen Brauwirtschaft erreichen auch in Bezug auf den Einbruch des Bierabsatzes ein seit Gründung der Bundesrepublik nie dagewesenes Ausmaß.“ Manche Brauereien seien mit 70 bis 90 Prozent ihres Umsatzes von der Gastronomie abhängig. Auch die Exportmärkte seien teilweise zusammengebrochen.

Umsätze können wohl nicht nachgeholt werden
Die deutlichen Auswirkungen des Corona-Shutdowns in den Gastronomie bestätigen auch die Brauereien selbst. „Die komplette Schließung der Gastronomie und Hotellerie sowie die Absage sämtlicher öffentlicher Großveranstaltungen bedeuteten für uns wie für die gesamte Getränkeindustrie natürlich einen Verlust“, sagt Josef Westermeier, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb der Privatbrauerei Erdinger. Der entgangene Umsatz könne nicht nachgeholt werden. Doch im Handel habe Erdinger durchaus Zuwächse erzielt. Das bestätigt auch Birte Kleppien, Sprecherin der Radeberger Gruppe. Im Handelsbereich, einschließlich der Convenience Shops, zeigten Absatzdaten zuletzt ein leichtes Plus für Bier und Biermischgetränke. Allerdings kompensiere diese Entwicklung nicht die Absatzverluste in der über Wochen geschlossenen Gastronomie. Auch Herbert Sollich, Marketingdirektor der Brauerei C. & A. Veltins, sieht inzwischen, dass „sich die Nachfragesituation stabilisiert, so dass im Convenience-Bereich eine solide Absatzsituation zu beobachten ist“. Gerade für die Daheimbleibenden seien C-Stores zu einer wichtigen Größe geworden.“ In Sachen Heimkonsum habe sich der Verbraucher während der Corona-Monate auf bewährte Gebinde fokussiert. Der Halbliter-Kasten liegt, nach Informationen von Sollich, in der Verbraucherpräferenz unverändert weit vorn.“

Convenience-Stores sind unterschiedlich resistent
Der Krombacher Key Account Manager Handel regional, Jan Miatke, beurteilt auch in diesen Zeiten für den Tankstellen- und Convenience-Markt das zuletzt erfolgreiche 0,5-Liter-Dosengebinde weiterhin positiv. Insgesamt zeigte sich das Bild in den einzelnen Convenience Stores aus seiner Sicht durchaus unterschiedlich. „Besonders schwierig war und ist es vor allem für all jene Shops, die insbesondere von Kunden aus dem öffentlichen Reiseverkehr frequentiert werden“, kommentiert Miatke. Die aktuelle Situation habe zur Folge, dass die Menschen deutlich weniger unterwegs sind und damit auch Stores an Bahnhöfen oder Flughäfen weniger Kundenaufkommen verzeichnen. „Wir sehen auf der anderen Seite aber auch stabile Ergebnisse bei den Tankstellen“, so der Manager.

Kunden wollen Nahversorgung
Viele Kunden nutzten das Nahversorger-Angebot und kauften für den Sofortkonsum in den Shops, da der Einkauf schneller und unkomplizierter sei als in großen Supermärkten. „Darüber hinaus sind wir natürlich stets im engen Austausch mit den Shopbetreibern“, betont Miatke, „um diese bestmöglich zu unterstützen“. Dazu gehöre auch eine Sortiments-Erweiterung, die neue Kaufimpulse setze.

Auch die Karlsberg-Brauerei im Saarland sieht die C-Stores von der Pandemie betroffen. Natürlich gebe es Bereiche die deutlicher in Mitleidenschaft gezogen worden seien als andere, etwa Shops an Bahnhöfen und Flughäfen. Nicht so betroffen seien vor allem Tankstellen-Shops oder Kioske im städtischen Bereich, meint Jochen Dittrich, Key Account Manager, und stimmt damit seinem Kollegen Miatke zu. „Trotz allem“, so Dittrich, „fahren wir unsere gemeinschaftlich besprochenen, im Jahresplan festgelegten Aktionen und hoffen auf Absatzerholung mit den gelockerten Rahmenbedingungen“. Mit der Mixery Range habe man Eckartikel des Convenience-Marktes im Sortiment, die weiterhin Absatz und Umsatz generierten. Man werden die Situation meistern.

Mit Optimismus beurteilt Paulaner-Geschäftsführer Raphael Rauer die Entwicklung im Convenience-Markt: „Bei den C-Stores blicken wir positiv auf das erste Halbjahr und konnten im Vergleich zum Vorjahr zulegen.“ Auch wenn das Segment Bier allgemein rückläufig gewesen sei, entwickelte sich das Paulaner-Ergebnis in den Shops besser als der Markt. „Das Wachstum wird von alkoholfreien Produkten getrieben“, berichtet Rauer. In diesem Segment sei die Brauerei-Gruppe mit dem Klassiker Paulaner Spezi und dem Neuprodukt Paulaner Weißbier 0,0% sehr erfolgreich gestartet.