Kaffee Sensible Geschmacksknospen

Kaffee-Experte Dr. Steffen Schwarz fordert auch im C-Store-Bereich mehr Wertschätzung für den heißen Muntermacher und steht damit nicht alleine da.

Montag, 02. Juli 2018 - Foodservice
Thomas Klaus
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Dr. Steffen Schwarz malt eine düstere Zukunft. „Uns geht der Kaffee aus“, prognostiziert er. Der renommierte Kaffee-Experte hatte den Stuttgart Coffee Summit im Rahmen der Intergastra in diesem Jahr organisiert. Bereits seit 1995 widmet er sich hauptberuflich der braunen Bohne und ist außerdem als Dozent an der Dualen Hochschule Heilbronn tätig. Die Problematik aus Sicht des Inhabers des Schulungs- und Forschungszentrums Coffee Consulate in Mannheim: Der steigende Konsum, insbesondere in Schwellenländern wie Brasilien, Mexiko oder Indien, trifft auf eine dramatisch sinkende Kaffeeproduktion weltweit. Forciert werde das durch den Klimawandel. Dieser mache viele der bisherigen Anbauflächen nicht mehr nutzbar.

Längerfristig sei teurerer Kaffee die unausweichliche Konsequenz: „Billigkaffee wird es irgendwann nicht mehr geben.“ Allerdings: Traurig wäre Dr. Steffen Schwarz nach eigenem Bekunden dann nicht. Vielleicht – mutmaßt er – sei der Respekt vor dem Kaffee größer, wenn er teurer und wertvoller wäre. Denn was Steffen Schwarz heutzutage in Convenience-Shops und anderen Feldern des Außer-Haus-Marktes vorfindet, ist für ihn oft eine „Beleidigung der Geschmacksknospen“. Nach seiner Überzeugung steht und fällt der Genuss mit der Qualität des Rohkaffees. Bereits hier fange das Kaffee-Elend an, meint der studierte Mediziner und ehemalige Unfallarzt. Das „Elend“ setze sich beim Rösten, Verarbeiten und Zubereiten fort.

Schulungsmöglichkeiten reichlich vorhanden

Häufig werde Kaffee nach Preis und nicht nach Geschmack eingekauft, kritisiert Dr. Schwarz. Ähnlich häufig solle durch das Dosieren von zu wenig Kaffeemehl an Wareneinsatz gespart werden. Sparen an dieser Stelle zeugt jedoch nach Auffassung des Experten von betriebswirtschaftlicher Unkenntnis. Schließlich sei das beste Geschäft mit Kaffee die zweite und dritte Tasse, so der ehemalige Coffeeshop-Besitzer.

Ein Problembewusstsein sei bedauerlicherweise vielerorts nicht vorhanden. Den Nachholbedarf bei Industrie und Unternehmern im Außer-Haus-Geschäft schätzt Steffen Schwarz als hoch ein. Würden sich Unternehmer und Mitarbeiter besser mit Kaffee auskennen, ist sich der Experte sicher, könnten noch höhere Umsätze mit dem braunen Muntermacher erzielt werden.

Schulungsmöglichkeiten für Praktiker im Außer-Haus-Markt sind seitens der Industrie reichlich vorhanden. Das bestätigt der Deutsche Kaffee-Verband. Hinzu kommen Kurse und Schulungen zur perfekten Kaffeezubereitung, die von kleinen und großen Röstereien angeboten werden, sowie die Programme verschiedener Kaffeeschulen und freiberuflicher Kaffee-Experten.

Viel zu beachten bei Produkt und Maschine

Dr. Steffen Schwarz zum Beispiel veranstaltet in seinem Schulungs- und Forschungszentrum Workshops und individuelle Seminare für Kaffeeindustrie und Kaffeeanbieter. Das komplexeste Programm im nach eigenen Angaben größten Kaffeeausbildungscenter Europas ist die Ausbildung zum so genannten Coffeologen: Zwölf Workshops sind hier zusammengefasst; abgebildet wird die gesamte Wertschöpfungskette von der Bohne in die Tasse.

Bei den angebotenen Schulungen steht meistens das Produkt im Fokus, aber der Umgang mit der Kaffeemaschine wird ebenfalls trainiert. Zu beachten gibt es da einiges. Nach den Erfahrungen des Deutschen Kaffee-Verbandes gehört zum Beispiel die Reinigung der Kaffeemaschinen zu den am sträflichsten vernachlässigten Bereichen; bei einer unregelmäßigen Reinigung drohen unmittelbar negative Auswirkungen auf den Geschmack. Ähnlich unangenehme Folgen kann eine schlechte oder ungeeignete Wasserqualität haben. Gleichermaßen muss dem Kalk der Garaus gemacht werden. Doch diese vielfältigen Gelegenheiten zur Weiterqualifizierung müssen eben auch genutzt werden. Das lohnt sich, denn noch ist Kaffee das Lieblingsgetränk der Deutschen.

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