Ansprüche an Lebensmittel Infinite Food als Chance

Die Ansprüche an Lebensmittel steigen. Darauf müssen sich die Verantwortlichen in Convenience-Shops einstellen, wenn sie erfolgreich sein und bleiben wollen.

Donnerstag, 22. Juni 2017 - Foodservice
Thomas Klaus
Artikelbild Infinite Food als Chance
Bildquelle: Convenience Shop

Niemand ist Pächter oder Geschäftsführer eines Convenience-Shops geworden, damit er als Gastronom arbeiten kann. Und doch: Zunehmend erweitert sich das Tätigkeitsprofil um gastronomische Dienstleistungen. Betriebswirtschaftlich betrachtet, ist das alles andere als ein Drama – noch dazu, weil kreative Hilfsmittel und moderne Technik das Anbieten von Speisen beträchtlich erleichtern.

Fachleute wie die bekannte Trendforscherin Hanni Rützler aus Wien, die in der österreichischen Hauptstadt das Futurefoodstudio leitet, haben den Begriff vom „Infinite Food“ aufgeworfen. Und den dürfen sich die Verantwortlichen im Convenience-Shop-Bereich auf der Zunge zergehen lassen.

Infinite Food beschreibt den Trend, dass künftig in der urbanen Alltagskultur rund um die Uhr und überall gegessen wird. Mahlzeiten werden also nicht mehr nur in den eigenen vier Wänden oder in Lokalen eingenommen, sondern zum Beispiel auf Märkten, an Streetfood-Ständen oder in Modegeschäften.

Heil wird im Weglassen gesucht

Angesichts der großzügigen Öffnungszeiten vieler Tankstellen, Verkaufsstätten in Bahnhöfen und anderen Convenience-Shops scheint Infinite Food für diese Branche wie geschaffen zu sein. Und was soll da rund um die Uhr und überall gegessen werden? Die Entwicklung geht zu gesunder Kost möglichst ohne bedenkliche Inhaltsstoffe. Spezielle Ernährungsformen gewinnen an Boden.

Einerseits möchten Menschen bewusst auf gewisse Zutaten verzichten; andererseits nimmt die Zahl der Lebensmittelunverträglichkeiten und Allergien zu. Kunden in Tankstellen und Co., die sich auf diese Weise ernähren (müssen), sollten auch hier auf ein Angebot treffen, damit sie nicht am Ende beim Mitbewerber fündig werden.

Solche Lebensmittel werden zu den Free-from-Produkten gerechnet. Für diese wird damit geworben, dass sie bestimmte Bestandteile eben nicht enthalten. Sie können laktosefrei, glutenfrei, fruktosefrei, frei von Nüssen, frei von Hefe, frei von Soja, frei von Konservierungsstoffen, frei von Gentechnik sein – und das möglichst alles auf einmal. Das gesundheitliche Heil wird vom Konsumenten also im Weglassen gesucht.

Das langsame, aber erkennbare Wachstum bei den Free-from-Produkten führen Ernährungsexperten und Branchenkenner neben dem gesundheitlichen Faktor auf zeitgeistige und lebensphilosophische Aspekte zurück, sprich: Die Lebensumstände und die Welt als solche werden deutlich komplexer.

Parallel dazu wollen Menschen einen Gegenpol setzen, in dem sie sich intensiv mit den von ihnen konsumierten Lebensmitteln befassen und von ihnen zusätzlichen Nutzen erwarten. So soll Sicherheit erlangt werden, die an anderer Stelle oft schmerzlich vermisst wird.

Hier fügt sich ebenfalls die vegetarische und vegane Ernährung ein, für die die Kunden auch im Convenience-Shop-Bereich Antworten erwarten. Gleiches lässt sich über die so genannten Superfoods wie zum Beispiel Quinoa, Chiasamen und Gojibeeren sagen.

Eine weltweit explodierende Nachfrage wird von Prof. Dr. Ulrike Detmers bestätigt, der Präsidentin des Verbandes Deutscher Großbäckereien. Sie beobachtet, dass diese Nachfrage im Wesentlichen von Frauen geschürt wird. Ulrike Detmers: „Sich ernähren wie die Hollywood-Stars – das ist angesagt.“

Urkorn-Revolution ausgerufen

Ein vergleichbarer Hype zeichnet sich bei den Urgetreidesorten ab – also zum Beispiel Emmer, Einkorn, Dinkel und Waldstaudenroggen. Bäckermeister Siegfried Brenneis wurde 2014 als erster Deutscher auf der Messe Europain zum Ambassadeur du Pain (Botschafter des Brotes) ernannt und fungiert als Kapitän der Bäcker-Nationalmannschaft. Und Brenneis hat bereits eine „Urkorn-Revolution“ ausgerufen – ein Hinweis auf den Trendcharakter des Urkorns, von dem die Verantwortlichen in den Convenience-Shops zumindest wohl schon einmal gehört haben sollten.

Parallel dazu wächst der Konsumenten-Wunsch nach Regionalität. Hanni Rützler konkretisiert: „Der Konsument sehnt sich nach Nähe, Frische und Authentizität.“ Er wolle, dass die Eigenheit einer Region mit den Lebensmitteln „transportiert“ und Geschichten etwa vom Produzenten, der Herkunft oder der Lebensmittelverarbeitung erzählt werden. Warum sollen sich darin nicht auch Convenience-Shops versuchen? Bei ihnen geht es um mehr als nur um ein Verpflegungsangebot. Zudem müssen möglichst viele Gäste bzw. Kunden in kurzer Zeit schnell bedient werden.

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